LEOPOLD GRAEBENER wurde am 24. Mai 1849 in Michelfeld (Baden) geboren. Im Jahre 1865 begann er seine Ausbildung im Botanischen Garten in Karlsruhe und blieb nach seiner zweijährigen Lehrzeit noch ein weiteres Jahr lang im Hofküchengarten tätig. Von 1868 bis 1869 leistete er freiwillig seine einjährige Wehrpflicht ab, danach trat er wieder als Gehilfe in den Großherzoglichen Botanischen Garten ein.
GRAEBENER war wohl der erste dem im neunzehnten Jahrhundert die künstlichen Befruchtung an Yuccas gelang, was bis dahin als unmöglich galt. 1903 berichtete er in der “Gartenwelt Nr. 8” erstmals über die Erfolge und Misserfolge seiner Bestäubungsversuche, die er anfänglich mangels unterschiedlicher blühender Yucca-Arten ausschließlich mit Yucca filamentosa anstellen konnte. Im Jahre 1899 blühten dann erstmals mit Yucca filamentosa und Y. glauca zwei unterschiedliche Yucca-Arten zur gleichen Zeit. Die Versuche brachten gleich einige Früchte an der Yucca filamentosa und eine einzige Frucht an der Y. glauca hervor. Über letztere Frucht schrieb er: "...letztere wurde mir aber gestohlen, kurz bevor ich sie abnehmen wollte. Sollten irgendwo eines Tages die Pflanzen hiervon auftauchen, so wüsste ich doch, wohin an jenem Septembertage die Frucht gekommen ist." (GRAEBENER 1903).
Was jedoch blieb, ist die bis heute unter dem Namen Yucca ×karlsruhensis bekannte Hybride. Nachdem die Kreuzung der Yucca ×karlsruhensis gelang, kontaktierte er William TRELEASE, den damaligen Direktor des Missouri Botanical Garden in St. Louis, der nur ein Jahr zuvor (1902) in einer historisch relevanten Revision erstmals alle nordamerikanischen Yucca-Arten bebildert veröffentlicht hatte. Dieser teilte GRAEBENER mit, dass er noch keine Hybride zwischen Y. filamentosa und Y. glauca kenne, was daran liegen mag, dass die Vorkommen beider Arten zu weit auseinander lägen. Was bestätigte, dass nicht nur die künstliche Befruchtung, als auch die Hybrid-kombination bis zu diesem Zeitpunkt einmalig war. GRAEBENER verteile seine Pflanzen großzügig und schickte u. a. 100 Pflanzen an die damals wohl größte Gärtnerei Europas, Haage & Schmidt in Erfurt, wo seine Pflanzen weiter vermehrt und in Katalogen (z. B. in einem Katalog von 1906 auf Seite 223 mit Bild) anboten wurden.
In den darauf folgenden Jahren wurden diverse Erfahrungsberichte veröffentlicht und an GRAEBENER gesandt. Die Hybride zeigte nun ihr volles Wachstums- und Winterhärtepotential auf. Zum Beispiel berichtete M. HESDÖRFFER im Jahre 1912 in der "Gartenwelt Nr. 16" von dem unbeeindruckten Überdauern seiner Pflanzen bei Starkfrösten von unter -25 °C. Von Jahr zu Jahr erregte Yucca ×karlsruhensis immer mehr Aufsehen, sodass es nicht mehr lange dauerte, bis sie zu den erfolg-reichsten Neuheiten ihrer Zeit gekürt wurde.
Es wird davon berichtet, dass GRAEBENER 1905 erneut Kreuzungs-versuche mit Yucca glauca, Y. filamentosa und Yucca ×karlsruhensis erfolgreich waren, und aus diesen Kreuzungen erneut viele Früchte hervor gingen. So lässt sich am Ende festhalten, dass GRAEBENER nach der Veröffentlichung seiner Bestäubungsmethode 1903, wohl eine Initialzündung zur manuellen Yucca-Hybridisierung ausgelöst hat. Weitere Gärtner, Botaniker und Hobbyisten in Europa versuchten sich daraufhin erfolgreich mit der von GRAEBENER beschriebenen Technik.
GRAEBENER schuf neben Yucca ✕karlsruhensis noch weitere Hybriden. Unter seiner Hand sind folgende Hybriden und F2-Generationen entstanden:
1880 bis 1898
Yucca filamentosa × filamentosa
1899
Yucca filamentosa ✕ glauca (reichlich Früchte)
Yucca glauca ✕ filamentosa (1 Frucht)
1904
Yucca gloriosa ✕ filamentosa (22 Früchte)
Yucca filamentosa ✕ gloriosa (14 Früchte)
Yucca filamentosa ✕ filamentosa (42 Früchte)
1905
Yucca ×karlsruhensis ✕ ×karlsruhensis
(F2-Hybride)
Yucca ×karlsruhensis ✕ glauca
Yucca ×karlsruhensis ✕ filamentosa
Es gibt jedoch nur Yucca ×karlsruhensis als dokumentierte und mit Bildmaterial hinterlegte Hybride, die Gaebener 1903 wie folgt beschrieb:
"Das Resultat meiner Kreuzung hat mir Pflanzen ergeben, die, wie unten stehendes Bild zeigt, auffällig die Mitte einnehmen zwischen beiden Eltern. Die Blätter von Y. filamentosa sind im Durchschnitt 50 cm lang und 4 cm breit, mit zahlreichen weißen Fäden am Rande besetzt; sie sind mir an der Basis etwas verdickt, im Übrigen gleich dick, d. h. von einfacher, derber Blattkonsistenz. Anders die Blätter von Yucca glauca; dieselben sind bei 60 cm Länge und 1 cm Breite Agave-artig verdickt, wodurch sie eine feste, steife Stellung erhalten; Von dem Blattrand lösen sich einige spärliche Fäden ab. Die Farbe der Blätter ist grau-grün. Die Blätter der Kreuzung sind etwa 1 ½ cm breit und haben fast durchweg die graue Farbe und Gestaltung vom Vater und die biegsame Form und zum Teil Filamente von der Mutter geerbt. Da die Blüten von Y. glauca denen der Y. filamentosa sehr ähneln, – mir ist der Blütenstand, letzterer mehr verzweigt – so kommt die Form und Gestaltung der Blüte bei dem Kreuzungsprodukt weniger in Betracht. Da Y. glauca fast noch härter als Y. filamentosa ist, so ist, auch nach der Regel, dass Pflanzen mit graubereiften Blättern härter als die grünen sind, anzunehmen, dass hierin das Kind die Eltern noch übertrifft. Schon im ersten Jahr wurden die Sämlinge ins freie Land gebracht, wo sie seitdem stehen, in keinem Winter gedeckt und ohne noch je gelitten zu haben."
- Leopold Graebener 1903
Strenggenommen ist die Schreibweise der Reihenfolge der Elternpflanzen nicht korrekt, da die „Mutter“, immer als erstes und der Pollen-spender als zweites genannt wird. Die korrekte Schreibweise muss also lauten: Yucca filamentosa ✕ glauca.
Die „Urpflanze“ der Y. ✕karlsruhensis im Botanischen Garten in Karlsruhe soll in den 1950er Jahren im Schutt zerstörter Gebäude gefunden worden sein und sich nach der Freilegung schnell erholt haben.
Literatur:
GRAEBENER L. (1903), Yucca karlsruhensis. Die Gartenwelt Nr. 8 / 1: 7-9.
WEIßBECK, S. (2012), Wüstengarten