Vegetative Vermehrung bedeutet, im Gegensatz zur Reproduktion durch Samen, das Bilden neuer Pflanzenindividuen durch Abgliedern (mitotische Teilung) fortwachsender, vegetativer Organe von der Mutterpflanze. Solche Organe können je nach Art sowohl Kopfstecklinge, Stammteile oder auch Teile der Wurzeln bzw. der Rhizome sein. Die vegetativen Vermehrungsmethoden, insbesondere wenn es sich um die Gewinnung von einheitlichem Pflanzenmaterial, also um Klonkulturen handelt, sind vor allem im Zusammenhang mit der Vermehrung von panaschierten Yuccas von größter Bedeutung.
Die buschbildenden Vertreter der Gattung Yucca sind mit einem ausgedehnten, umfangreichen unterirdischen Rhizomsystem ausgestattet. Dieses entwickelt über die Jahre reiche Verästelungen mit einer Vielzahl von ca. 2–3 cm dicken Rhizomtrieben, die sich durch Teilen und Abtrennen hervorragend zur Vermehrung und Gewinnung neuer Pflanzen eignen.
Diese Art der Vermehrung kam bereits bei der Massenvermehrung der damals als „Faser-Yucca“ bezeichneten Pflanzen in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts größte Bedeutung zu. Damals wurden die Rhizomstücke zum feldmäßigen Anbau wie Kartoffeln aus gelegt und so in kürzester Zeit höchste Erträge an Pflanzen bzw. Blättern erzielt. Die Rhizomäste wurden einfach in Stücke von 7–10 cm Länge geschnitten oder gebrochen und in Furchen oder Löchern auf den Anbauflächen ausgelegt (CZAJA 1957). Erfahrungen nach werden auch heute die besten Ergebnisse bei der Vermehrung der Pflanzen mit Rhizomstücken von 7–10 cm Länge erzielt.
Das Rhizomgewebe enthält zum großen Teil den Reservestoff, das Polysaccharid Inulin, und daneben geringe Mengen an Eiweißstoffen, Saponin und Cellulose der Zellwände. Um die Nachzucht zahlenmäßig zu vergrößern, kann leicht die Idee entstehen, die Rhizomstücke zu verkleinern. Zwar hat sich bei Untersuchungen gezeigt, dass selbst dünne Scheiben von 2–3 mm Stärke noch Laubknospen entwickeln, doch die Ausfälle können dabei relativ hoch sein. Man darf den negativen Einfluss der Wundflächen auf die Entwicklung der Rhizomstücke nicht außer Acht lassen. Am ungünstigsten wirkt sich das Vorhandensein von zwei Wundflächen aus. Die Oberfläche der Rhizome ist normalerweise von einer relativ dicken, korkartigen Schicht bedeckt, welche das nährstoffreiche Gewebe im Inneren abschließt. An den geschnittenen Enden liegen die Gewebezellen jedoch ungeschützt an der Oberfläche, wo sie Mikroorganismen im Boden, wie z. B. Schimmelpilzen, schutzlos ausgesetzt sind. Um dem Angriff dieser Mikro-organismen zu begegnen, hat sich das Bestäuben der Schnittstellen mit Holzkohlepulver o. Ä. als hilfreich erwiesen. Auch das abtrocknen lassen der Wundstellen ist eine geeignete Methode, da sich mit der Zeit eine Art „Wundkork“ an den Schnittflächen bildet.
Mit der Aufzucht und Kultur in luftigem, gut drainiertem Substrat mit hohem mineralischem Anteil lassen sich Ausfälle durch Rhizomschäden ebenfalls auf ein Minimum reduzieren. Für die Kultur der Rhizomteile sollte allgemein ein lockeres und durchlässiges, nach Möglichkeit keimfreies Substrat gewählt werden. Aussaaterde, gemischt mit Sand oder mineralischem Material eignet sich hierfür besonders gut. Nach dem Topfen ist das Substrat feucht zu halten, bis die ersten Triebe erscheinen, was für gewöhnlich nach ca. 6–8 Wochen der Fall ist. Es ist durchaus möglich, dass Rhizomstücke schon austreibein, jedoch noch keine einzige Wurzel ausgebildet haben. Mit dem Bilden der ersten Adventivwurzeln beginnt die Unabhängigkeit vom Rhizomstück.
Frühe Versuche, durch synthetische Hormonbehandlungen der Rhizomstücke mit Auxinen (z. B. ß-Indolyl-Essigsäure, ß-Indolyl-Buttersäure oder a-Naphthyl-Essigsäure) das Wachstum und die Anzahl der Pflanzen zu stimulieren, ergaben zwar eine leichte Förderung des Wurzelwachstums, jedoch keinen Vorteil bei der Entwicklung der Laubtriebe, z. T. wurde umgekehrt sogar eine Unterdrückung der Entwicklung von Laubtrieben festgestellt (CZAJA 1957). Ein längeres Rhizomstück mit möglichst wenig Schnittflächen oder Verletzungen ist immer besser in der Lage, einen möglichen Substanzverlust oder Angriff durch Mikroorganismen zu kompensieren, als ein kurzes. Somit gilt als Faustregel: Die verkorkte Oberfläche sollte immer größer sein als die Wundfläche.
Nach der Blüte, entwickeln sich vor allem bei den buschbildenden Yuccas neue, um den Haupttrieb herum entstehende Pflanzen. Auch aus den Enden der seitlichen oder aufwärts gerichteten Rhizomäste können sich Blattknospen bilden. Durch ein vorzeitiges Ausbrechen oder Ausschneiden des Haupttriebes am Rhizomhals nach der Blüte treten Austriebe meist schneller und zahlreicher auf.
Diese Seitentriebe sind mit der Mutterpflanze genetisch immer identisch. Die Ableger oder Nebentriebe können, wenn sie groß genug sind, vom Wurzel stock z. B. mit einem scharfen Messer ab ge trennt und dann als selbstständige Pflanzen weiterkultiviert werden. Eine Desinfizierung der Schnittstellen, z. B. mit Holzkohlepulver, hat sich hier ebenfalls als hilfreich erwiesen. Damit die Pflanze den Eingriff mit möglichst wenigen Blattverlusten verkraftet, sollte ein möglichst großer Teil des Rhizoms (unterirdisch) mit der Pflanze entfernt werden.
Die abgelösten Pflanzenteile bilden (falls sie noch keine Wurzeln besitzen) in der Regel schnell erste Adventivwurzeln, die mit der Zeit ein eigenes Wurzelsystem ausbilden. Für die Bewurzelung der Pflanzen sollte ein lockeres und durchlässiges, nach Möglichkeit keimfreies Substrat gewählt werden. Die zunächst noch schwachen Pflanzen sind nach dem Topfen oder Auspflanzen regelmäßig feucht zu halten und anfangs möglichst vor direktem Sonnenlicht zu schützen, bis ein sichtbares Wachstum einsetzt.
Yuccas können fast das ganze Jahr hindurch geteilt und verpflanzt werden, wobei die Zeit der Hauptvegetationsperiode (ca. März bis August) erfahrungsgemäß am günstigsten ist. Auch einige stammbildende Arten, vor allem Y. aloifolia, Y. gloriosa und Y. gloriosa var. trisis ( = recurvifolia), bilden Wurzelausläufer, die sich mit ein wenig Vorsicht von der Mutterpflanze abtrennen und weiterkultivieren lassen; der Erfolg ist jedoch, je nach Art, nicht immer garantiert.